Am 03.05.2023 fand im Goldberg-Saal der Technischen Sammlungen Dresden unter dem Titel „Photovoltaik und Denkmalschutz-Wie passt das zusammen?“ eine von Thomas Löser initiierte Veranstaltung der BÜNDNISGRÜNEN Fraktion im Sächsischen Landtag statt. Gut 80 Interessierte fanden sich im Dachgeschoss des unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes an der Schandauer Straße in Dresden Striesen ein.
Der Abend stand unter der Leitfrage, wie die Interessen des Denkmalschutzes mit der Energiewende unter einen Hut gebracht werden können.
Sind technische Innovationen zur Integration von Solaranlagen in das Erscheinungsbild historischer Gebäude ein Weg oder akzeptieren wir den neuen Look alter Gebäude?
Sind Ergänzungen einer Solaranlage so vertretbar wie Steckdosen im Barockschloss oder das E-Auto vor dem Gründerzeithaus?
Die Technik gehört nicht nur IN sondern auch AUF das Museum Herr Schwarz, Leiter der Technischen Sammlungen, berichtete in seiner kurzen Begrüßung als Hausherr vom schon lang gehegten Wunsch des Museums, eine Solaranlage auf dem Gebäude zu installieren. Der Veranstaltungsort war daher nicht zufällig gewählt, denn egal ob große öffentliche Einrichtung oder kleines Reihenhaus: Viele Menschen wollen einen Beitrag leisten, unsere Energie-und Wärmeversorgung frei von fossilen Energieträgern zu machen und langfristig die Betriebskosten zu senken. Eigentümerinnen und Eigentümer denkmalgeschützter Gebäude müssen dabei besondere Rücksichten nehmen und begegnen teils auch Widerständen bei den Behörden.
Als erster Podiumsgast kam Alf Furkert, Landeskonservator und damit oberster Denkmalpfleger Sachsens, zu Wort. In Deutschland seien nur zwei bis drei Prozent der Gebäude Denkmale. Auch wenn viele Eigentümerinnen und Eigentümer von denkmalgeschützten Gebäuden ein besonders hohes Interesse an Nachhaltigkeitsthemen haben, seien gerade in kleinteiligen Altstädten wie Meißen oder Pirna die Dachflächen häufig ungeeignet und Solaranlagen nur zu sehr hohen Kosten realisierbar. Insofern sei das Potential für Photovoltaikanlagen viel eher auf den großen Flächen von Industriehallen oder den allgegenwärtigen Discountern zu finden. Es müsse zudem schnell bessere Rahmenbedingungen dafür geben, dass gemeinschaftliche Ansätze nicht finanziell schlechter gestellt bleiben als der Direktverbrauch vom eigenen Dach.
Denkmalschutz ist Klimaschutz Eine wichtige Botschaft des Landeskonservators knapp zusammengefasst: Denkmalschutz ist Klimaschutz! Nicht nur das jahrhundertelang in den Bauteilen gebundene CO2, auch in der Regel sparsamere Wohnflächen und häufig integrierte Lage in den Stadtkernen seien bei einer Lebenszyklusbetrachtung dem Neubau oft weit überlegen. Auch in der jüngeren Vergangenheit gebe es schon viele gute Beispiele für die gelungene Integration von Solaranlagen auf Baudenkmalen. Als eins von mehreren Beispielen stellte Alf Furkert den Klosterhof St. Afra in Meißen vor. Ein Leitfaden für den Umgang mit Solaranlagen an oder im Umfeld von denkmalgeschützten Gebäuden mit solchen gelungenen Beispielen sei derzeit im Landesamt für Denkmalpflege in Erarbeitung und werde Mitte des Jahres veröffentlicht.
Dr. David Klein, Amtsleiter für Kultur und Denkmalschutz der Landeshauptstadt Dresden gab im Anschlusseinen Einblick in die Arbeit einer unteren Denkmalschutzbehörde, die die denkmalrechtlichen Genehmigungen in der Regel erteilt. In den vergangenen fünf Jahren wurden insgesamt 150 Anträge auf Genehmigung einer Solaranlage auf einem Denkmal in Dresden gestellt. Die Hälfte der Anträge stammte dabei aus den letzten beiden Jahren, in denen vor dem Hintergrund des Kriegs in der Ukraine die Entwicklung der Energiepreise für Strom und Wärme stärker ins öffentliche Bewusstsein rückte. Die ganz überwiegende Zahl der Anträge konnte positiv beschieden werden, lediglich acht Prozentseien abgelehnt worden. Man müsse jedoch davon ausgehen, dass die Nachfrage nach Photovoltaik-oder Solarthermieanlagen auf Denkmalen deutlich höher ausfallen dürfte.
Das Solarkataster [Link dazu: https://stadtplan.dresden.de/?permalink=VGf78n5] der Landeshauptstadt zeigt, dass das theoretische Solarpotential Dresdens zu 23 Prozent auf Gebäude entfällt, die Denkmalschutzbelange berücksichtigen müssen. Nach einer fachlichen Beratung durch die Stadtverwaltung würden viele Anträge gar nicht erst eingereicht. Denkmalschutzbehörden unterstützen bei der Suche nach individuellen Lösungen. Sein Rat an alle Antragswilligen lautete dennoch, die Beratung der Denkmalpflegerinnen und -pfleger möglichst früh im Planungsprozess in Anspruch zu nehmen. Häufig seien beispielsweise Kompromisse in der Ausführung oder Anordnung der technischen Anlagen möglich. Generell seien die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter seines Hauses dabei dazu angehalten, eine Genehmigungsfähigkeit zu erreichen. Diesbezüglich seien die technischen Entwicklungen mit effizienteren und leichteren Modulen aber auch optisch ansprechendere Systemlösungen sehr hilfreich. Abschließend wies Dr. Klein auf einen nicht unwesentlichen Aspekt hin: Wenn Anforderungen, die sich allein aus dem Denkmalschutz ergeben, zu Mehrkosten bei der Installation einer Solaranlage führen, sollten diese auch im Rahmen der Denkmalförderung Berücksichtigung finden können. Solarenergie? Nutzen wir doch schon immer!
Den Abschluss der Expertenrunde machte Mathias Greuner, Dachdeckermeister aus Dresden mit viel Erfahrung im Denkmalbereich. Er wählte einen spannenden Einstieg mit der These, dass auch in früheren Epochen schon viel mit Licht gebaut wurde. Dachfenster, Lichthöfe, Scheddächer und Glaskuppeln aus verschiedenen Epochen führte er als Beispiele für die Integration solarer Energie in historische Dachlandschaften auf. “Und warum soll nun ausgerechnet die Solaranlage das Problem sein?” lautete die in den Raum gestellte Frage. Im Anschluss nahm Meister Greuner das Publikum mit auf einen kleinen Ausflug zu typischen Konstellationen und den derzeitigen technischen Möglichkeiten. Die Frage, welche Größe eine Anlage haben muss, sei von wesentlicher Bedeutung.
Die Anordnung auf Nebengebäuden oder im Garten größerer Grundstücke sei häufig eine gute Variante, um nicht in gestalterisch sensible Bereiche einzugreifen. Die technischen Entwicklungen seien sehr rasant. Unter anderem wies Mathias Greuner darauf hin, dass eine teilweise Verschattung anders als bei älteren Anlagen meist kein komplettes Abschalten mehr auslöst. Vorgestellt wurden außerdem In dach-Anlagen, Module verschiedener Größen und Farben sowie Systemlösungen einiger Dachziegelhersteller.
Erneuerbare Energie? Bitte schneller, mehr und zum Nutzen für alle! Nach dem Ende der Expertenrunde sammelte Thomas Löser Fragen aus dem Publikum. Die Bandbreite reichte dabei von allgemeinen Statements bis hin zu relativ konkreten Einzelfragen. Ein älterer Herr konstatierte, dass die Bekämpfung der Klimakrise höchste Priorität haben müsse. Ein Hellerauer stellte die für ihn nicht nachvollziehbare Abwehr von Solaranlagen in Frage, wenn gleichzeitig überall Autos geparkt werden, die ebenfalls nicht bauzeitlich zur Gartenstadt gehörten. Ein weiterer Gast stellte ein Beispiel aus Brandenburg vor, wo die Kirchen einen Vorrang von Photovoltaikanlagen vor Denkmalschutzbelangen forderten. Ein weiterer Beitrag stellte die Mieterperspektive in den Vordergrund und wollte wissen, ob für Balkonkraftwerke an Baudenkmalen eine Genehmigungspflicht besteht. Diese und weitere Fragen konnten die Podiumsgäste größtenteils beantworten. Zum Abschluss der Veranstaltung verabschiedete Thomas Löser alle Gäste und lud zum lockeren Ausklang ein, wo die aufgeworfenen Themen im direkten Gespräch weiter vertieft wurden.